Prämiensparverträge: Information über unwirksame Zinsanpassungsklauseln verpflichtend


Hintergrund

ǀ Es geht um die seit Jahren durch den Bundesgerichtshof (BGH) für unwirksam erklärten weiten Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen – also langfristigen Sparformen mit variabler Verzinsung und gleichbleibender Sparleistung – vieler Banken und Sparkassen aus den 1990–2010er Jahren. Vielfach war hierbei neben dem zugesicherten Zins eine einseitige, jährliche Anpassung vereinbart, ohne dass hierfür ein Referenz-Zinssatz festgelegt war.

Bereits im Februar 2020 – wir berichteten – empfahl die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Kreditinstituten daher, selbständig auf die Kunden mit Prämiensparverträgen, die solche unwirksamen Klauseln (vgl. BGH-Urteil Urteil vom 17. Februar 2004 – XI ZR 140/03) enthielten, zuzugehen und eine Einigung über die Zinsanpassung zu erzielen. Andernfalls sollten die Kunden nach Auffassung der BaFin selbständig klagen oder mit Anwälten gegen die Banken und Sparkassen vorgehen.


BaFin erhöht den Druck

Vor diesem Hintergrund in Verbindung mit zwei Musterfeststellungsklagen vor dem Oberlandesgericht Dresden (Az. 5 MK 1/19 und 5 MK 2/19), nach dessen Urteil im Fall Az. 5 MK 1/19 die Zinsanpassung monatlich zu erfolgen hat und die Ansprüche der Verbraucher nicht verjährt sind, hatte die BaFin zunächst einen runden Tisch mit den Verbänden der Kreditwirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen einberufen, der zu keiner einvernehmlichen Lösung führte.

Deshalb startete die BaFin am 29. Januar 2021 eine Anhörung zu einer verbindlichen Allgemeinverfügung, deren Eingabefrist am 26. Februar 2021 endete. Mit der Allgemeinverfügung will die BaFin alle Kreditinstitute i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG, die mit Verbrauchern Sparverträge mit langen Laufzeiten und uneingeschränktem, einseitigen Leistungsbestimmungsrecht abgeschlossen haben, verpflichten, die Verbraucher über die unwirksamen Zinsanpassungsklauseln und das Fehlen einer allgemeinverbindlichen gerichtlichen ergänzenden Vertragsauslegung zu unterrichten.

Diese Unterrichtung der Verbraucher soll mit der unwiderruflichen Zusage des Kreditinstituts verbunden sein, die noch zu erwartende zivilgerichtliche ergänzende Vertragsauslegung zur Basis einer Nachberechnung der bisherigen Zinsberechnung seit Vertragsbeginn zu machen (Nr. 1. a) der Allgemeinverfügung). Es sollen dann folgende weitere Mindestaussagen notwendig sein:

  • Wiedergabe der im Vertrag verwendeten unwirksamen Zinsanpassungsklausel mit uneingeschränktem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht bezüglich des Vertragszinses
  • Erläuterung, dass der BGH diese Art von Klauseln mit Urteil vom 17. Februar 2004 (XI ZR 140/03) für unwirksam erklärt hat

Alternativ soll das Kreditinstitut ein Angebot zur Vereinbarung einer sachgerechten, die Vorgaben des BGH aus dem Urteil vom 13. April 2010 (XI ZR 197/09) berücksichtigenden Zinsanpassungsklausel im Rahmen eines individuellen Änderungsvertrags machen können (Nr. 1. b) der Allgemeinverfügung). In diesem Fall sollen folgende weitere Mindestaussagen notwendig sein:

  • Erläuterung, dass als Reaktion auf das Urteil des BGH vom 17. Februar 2004 (XI ZR 140/03) vonseiten des Kreditinstituts in unzulässiger Weise für das Bestandsgeschäft einseitig neue Zinsparameter bestimmt wurden
  • Erläuterung, dass aufgrund der unwirksamen Klausel unter Umständen Zinsen in zu geringer Höhe gezahlt wurden

Ausgenommen sollen all jene Verträge sein, bei denen es schon zu einer Einigung bzw. Anpassung des Vertrags gekommen ist.

Die Auswertungen aus der Anhörung und damit möglicherweise einhergehende Änderungen im Vergleich zum vorliegenden Entwurf der Allgemeinverfügung sind noch nicht bekannt. Es bleibt zudem abzuwarten und zu hoffen, dass der BGH im Revisionsfall (Az. XI ZR 234/20) des OLG Dresden einen Referenz-Zinssatz definiert und auf diese Weise für Klarheit und Einheitlichkeit sorgt.

Das OLG Dresden erklärte den gleitenden 10-Jahres-Zins (WX 4260) im o. g. Fall grundsätzlich für geeignet und angemessen, um die Lücke im Vertrag im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen und um als Referenz-Zinssatz bei Prämiensparverträgen herangezogen zu werden.


Handlungsbedarf

  • Überprüfung, ob Prämiensparverträge mit derartigen Klauseln verwendet werden, und ggf. Anpassung ebendieser
  • Kontaktaufnahme zu den Kunden mit solchen Verträgen, um eine Einigung über die Zinsen zu erreichen bzw. vorzubereiten
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