Hintergrund:
Einmal jährlich im September veröffentlicht die Deutsche Bundesbank ihre Analyse der Ertragslage von deutschen Kreditinstituten auf Basis des jeweils abgelaufenen Geschäftsjahrs, sodass uns aktuell die Auswertung für das Jahr 2018 vorliegt.
Am 23. September 2019 veröffentlichte die BaFin zeitgleich die Ergebnisse aus dem Stresstest in Bezug auf die Umfrage der Planungen für 2019 ff. unter Berücksichtigung aufsichtlich vorgegebener einheitlicher Stressparameter bei den weniger bedeutenden Kreditinstituten (LSI).
Die Ergebnisse sind auf den Webseiten der Deutschen Bundesbank und der BaFin abrufbar.
Zusammenfassend ergeben sich folgende Erkenntnisse:
- Die Ertragslage hat sich im Durchschnitt verschlechtert. Die Gesamtkapitalrentabilität betrug 0,23 Prozent der Bilanzsumme.
- Belastend wirkte hierbei eine Verschlechterung des Handelsergebnisses (nur bei größeren Banken), der Margendruck im Kundenkreditgeschäft, die Nichtweitergabe von Negativzinsen sowie Personalkostensteigerungen (Tariferhöhungen, Sozialabgabenerhöhungen).
- Entlastend wirkte eine geringere Risikovorsorge im Kreditgeschäft aufgrund der in 2018 noch weiterhin guten konjunkturellen Lage in Deutschland sowie die Standardisierung von Produkten/Prozessen.
- Um diese Entwicklung der Ertragslage zu realisieren, haben die Kreditinstitute gezielt die Risiken erhöht (z. B. dynamisches Kreditwachstum, Erhöhung der Fristentransformation passivlastiger Institute), Skaleneffekte umgesetzt (z. B. Fusionen/Reduzierung der Zahl an Instituten von 1.653 auf 1.603) und den Abbau der Beschäftigten von 586.000 auf 571.000 vorangetrieben.
- Die Profitabilität (Eigenkapitalrentabilität, Gesamtkapitalrentabilität, Cost-Income-Ratio) verschlechtert sich bei größeren Banken. Trotz der Skaleneffekte gehören die Großbanken seit Jahren zu den Instituten mit der schlechtesten Wirtschaftlichkeit. Die großen deutschen Institute haben im europäischen Vergleich mit großen Instituten die schlechteste Kosteneffizienz.
- Die Eigenkapitalrentabilität
hat im Durchschnitt sowie in allen Bankengruppen seit 2014 abgenommen (von 3,98
Prozent auf 2,4 Prozent Jahresüberschuss nach Steuern im Verhältnis zum
Eigenkapital).
- Die Eigenkapitalrentabilität der Filialbanken (Sparkassen, Kreditgenossenschaften) ist aufgrund des zinsabhängigen Kredit- und Provisionsgeschäfts weiterhin sehr viel besser als der Durchschnitt (2018: 2,0-fache bzw. 2,3-fache). Dieser komparative Vorteil der Filialbanken hat sich seit 2014 verbessert (2014: 1,7-fache bzw. 2,2-fache).
- Alle übrigen Bankengruppen (Großbanken, Regionalbanken, sonstige Kreditbanken, Landesbanken, Realkreditinstitute, Bausparkassen) haben eine unter dem Branchenschnitt liegende Eigenkapitalrentabilität.
- Etwa die Hälfte der Institute hat für 2019 mit einer positiven Zinswende und damit zu optimistisch geplant. Der erwartete Anstieg der Rentabilität ist bei einer ausbleibenden Zinswende unrealistisch.
- Die Institute planen ab 2019 mit einem überproportionalen Anstieg der Risiken (RWA) gegenüber der Bilanzsumme, was auf eine Risikoausweitung hindeutet.
- Die Eigenkapitalquoten der deutschen Institute sind gut und im Vergleich zum Stresseffekt robust. Die Institute planen einen Anstieg der Kernkapitalquoten von 16,5 Prozent (31. Dezember 2018) auf 16,8 Prozent (2023). Der Stresseffekt beträgt im Durchschnitt ca. 3,5 Prozentpunkte.
- Das Kreditbestandswachstum gewinnt an Dynamik und geht einher mit Immobilienpreissteigerungen (in Teilmärkten Blasenbildungen) sowie Risikoausweitungen (Zunahme unbesicherter Kredite).
- Klimarisiken werden im Risikomanagement der Banken vollständig unterschätzt.
Handlungsbedarf:
- Überprüfen Sie Ihre Geschäfts- und Risikostrategie auf Nachhaltigkeit, z. B.:
- „Levern lohnt sich nicht“ (Eigenkapitalrentabilität 2,4 Prozent vs. 0,23 Prozent Gesamtkapitalrentabilität/Negativzins -0,5 Prozent)
- „Beenden Sie den ruinösen Wettbewerb“ (Privat- und Firmenkunden sind preisinsensitiv – Ein Fremdkapitalzins von 0,8 oder 1,8 Prozent für Finanzierungen entscheidet nicht über die Vorteilhaftigkeit von Investitionen, beide Konditionen wären für den Kunden akzeptabel und günstig, wenn sie marktgerecht sind.)
- Setzen Sie nicht nur auf Kostensenkungen, da der Spielraum nach unten begrenzt ist.
- Kalkulieren Sie ihre Produkte auf Vollkostenbasis (inkl. Risikokosten, Eigenkapitalkosten, Weitergabe Negativzinsen, Erhöhung Konditionsbeiträge von Passivprodukten, Margenerhöhungen Kreditgeschäft) und übernehmen Sie nicht einfach Marktkonditionen. Letztere sind vielfach falsch oder gar nicht kalkuliert. Stoppen Sie die Abwärtsspirale von Preisen; Discounter verschenken auch keine Produkte!
- Berücksichtigen Sie die beobachteten Zusammenhänge, dass mit zunehmender Größe die Wirtschaftlichkeit abnimmt und sich ein Filialnetz durch Kundenbindungen und persönliche Präferenzen nachweisbar auszahlt.
- Adressieren Sie sektorale Risiken (z. B. Mitarbeiter, Verbände, Wirtschaftsprüfer, Politik, Aufsicht):
- Der zunehmende Abbau von Instituten führt zu Oligopol- und Monopolstellungen (weniger Wettbewerb), geringerer Wirtschaftlichkeit, nicht steuerbaren und beaufsichtigbaren Einheiten, zu höheren systemischen Konzentrationsrisiken sowie dem Abbau der Widerstandsfähigkeit von Banken in Krisenzeiten und folglich zu weniger Verbraucher- und Gläubigerschutz.
- Die zunehmende Regulierung und Abgabenlast (Basel III/IV, MiFID II, ZASt, DSGVO, GwG etc.) unterliegt dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Weitere Maßnahmen stehen in keinem positiven Verhältnis von einerseits den Kosten für Verbraucher von Finanzprodukten und andererseits dem Regulierungsnutzen für Verbraucher. Machen Sie daher konstruktive Vorschläge zur De-Regulierung (z. B. Wegfall nationaler Alleingänge wie des Millionenkreditmeldewesens).
- Einfordern der Proportionalität in der Praxis (gleichlautender Turnus für SI und LSI von zwei Jahren bei Stresstests widerspricht der Proportionalität und dem Vorhandensein eigener Säule-II-Instrumente sowie konservativen Parametern; konsequente Nutzung von MaRisk-Öffnungsklauseln usw.)
- Berücksichtigen Sie ökologische und klimabezogene Risiken im Risikomanagement (z. B. in der Risikoinventur).