Hintergrund
ǀ Am 20. Juli 2021 hat die EU-Kommission ein Gesetzespaket zur Bekämpfung von Geldwäsche als Entwurf vorgelegt, das bis 2024 verabschiedet/umgesetzt werden soll. Das EU-Paket besteht aus
- drei Verordnungen und
- einer neuen Geldwäscherichtlinie (6. EU-Geldwäscherichtlinie).
Hintergrund für die Verabschiedung des EU-Pakets ist der von der Kommission am 7. Mai 2020 vorgestellte Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Der Aktionsplan beruhte auf sechs Säulen und hatte zum Ziel, die einschlägigen EU-Vorschriften besser durchzusetzen, zu überwachen und zu koordinieren (wir berichteten). Das nun vorgeschlagene Gesetzespaket bildet die Antwort auf die Säulen 2, 3 und 4 des Aktionsplans, in denen es inhaltlich um die Schaffung eines einheitlichen EU-Regelwerks zur Einführung einer auf EU-Ebene angesiedelten Aufsicht und Einrichtung eines Unterstützungs- und Kooperationsmechanismus für die zentralen Meldestellen geht.
Zudem wies auch die am 24. Juli 2020 veröffentlichte EU-Strategie zu einer Sicherheitsunion für den Zeitraum 2020–2025 auf die Wichtigkeit der Verbesserung des EU-Rahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hin. Demnach sei die EU bereits im Besitz strenger Geldwäschevorschriften, die jedoch nur einheitlich und unter strenger Aufsicht ihre volle Wirkung erzielen können.
Errichtung einer neuen europäischen Aufsichtsbehörde
Zunächst soll mittels einer EU-Verordnung eine neue europäische Aufsichtsbehörde – die Anti-Money Laundering Authority (AMLA) – errichtet werden. Diese Behörde soll über eine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfügen, deren genauer Sitz noch unklar ist. Ziel ist vor allem das Schaffen eines einheitlichen Systems für die EU-weite Beaufsichtigung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unter Verwendung gemeinsamer Aufsichtsmethoden und hoher Aufsichtsstandards. Dabei soll die Zusammenarbeit der nationalen zentralen Meldestellen (FIUs) untereinander verbessert werden, um grenzübergreifende Finanzströme besser verfolgen zu können. Zudem sollen die FIUs als wesentliche Informationsquellen für die Strafverfolgungsbehörden dienen. Die Aufsichtsbehörde soll die FIUs hierbei unterstützen, selbst aber nicht als zentrale Meldestelle fungieren oder eine solche ersetzen. In Bezug auf die nationalen Aufsichtsbehörden soll sie koordinierend tätig sein und die nationalen Behörden in der Aufsicht nur bei einigen wenigen, grenzübergreifend agierenden Finanzunternehmen der höchsten Risikokategorie ablösen.
Hinsichtlich der Übernahme der direkten Aufsicht über risikobehaftete Finanzinstitute wird die neu geschaffene Behörde, AMLA, die Aufgabe haben, die Geldwäschevorkehrungen, Strategien und Verfahren der einzelnen Institute (auch auf Gruppenebene) zu überprüfen und zu bewerten. Falls erforderlich, darf die Behörde auch Sofortmaßnahmen ergreifen und Geldstrafen bei Nichteinhaltung verhängen. Bei einem außergewöhnlich hohen Risiko, für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausgenutzt zu werden, kann die Behörde ein Institut auch ohne Heranziehung jeglicher Kriterien der direkten Aufsicht unterstellen. Die AMLA wird dazu eine Liste über die beaufsichtigten Institute führen, die alle drei Jahre zu überprüfen ist. Eine erste Auswahl soll im Laufe des Jahres 2025 getroffen werden. Die aktive Beaufsichtigung der Institute ist dann für das Jahr 2026 vorgesehen.
Daneben wird die AMLA noch weitere Aufgaben wahrnehmen, wie zum Beispiel die Überwachung und Bewertung der Entwicklungen in Drittländern sowie das Führen einer zentralen AML/CFT-Datenbank mit Informationen der Aufsichtsbehörden. Um die Aufgaben wahrnehmen zu können, wird sie technische Regulierungsstandards ausarbeiten, Richtlinien und Empfehlungen veröffentlichen und Stellungnahmen an das EU-Parlament, den Rat oder die Kommission abgeben können.
Bis 2024 soll die neue europäische Aufsichtsbehörde eingerichtet sein und mit der Aufnahme ihrer Arbeit beginnen. Bis 2026 soll ein Personalbestand von 250 Mitarbeitern aufgebaut sein und mit der Beaufsichtigung der Institute begonnen werden.
Schaffen eines „einheitlichen EU-Regelwerks“
In einer weiteren Verordnung (Verordnung (EU) 2021/0239) sollen die unterschiedlichen nationalen Geldwäscheregeln harmonisiert werden. Die genannte Verordnung enthält im Wesentlichen Bestimmungen zu Kundensorgfaltspflichten und wirtschaftlichen Eigentümern. Dabei wurden Teile aus bisherigen EU-Geldwäscherichtlinien übernommen – teilweise gehen die Bestimmungen aber auch darüber hinaus.
Zunächst wird der persönliche Anwendungsbereich ergänzt, das heißt, die Unternehmen, die den Geldwäschevorschriften unterliegen werden unter anderem ergänzt um Anbieter von Krypto-Dienstleitungen (alle Arten und Kategorien), von Crowdfunding-Dienstleistungen sowie um Hypothekarkreditvermittler und Verbraucherkreditgeber, die keine Finanzinstitute sind. Die Verordnung soll zudem auch für Unternehmen innerhalb einer Gruppe Anwendung finden, die selbst nicht Verpflichtete gemäß der Verordnung sind. So sollen auch Zweigstellen und Tochterunternehmen, die im Ausland operieren, die EU-Geldwäschebestimmungen einhalten müssen.
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Eigentümer sollen juristische Personen und Trustees nicht nur dazu verpflichtet sein, die Identität ihrer wirtschaftlichen Eigentümer festzustellen und zu überprüfen; sie müssen diese Informationen auch an die jeweiligen nationalen Register melden. Weiterhin müssen bevollmächtigte Personen („Nominees“) ihren Status mitteilen und die Personen angeben, in deren Namen sie handeln. Zudem sollen nun auch juristische Personen aus Drittländern, bei denen eine Verbindung zur EU besteht, ihre wirtschaftlichen Eigentümer in die EU-Register eintragen lassen müssen. Ergänzend dazu sollen die meldepflichtigen Informationen zum wirtschaftlichen Eigentümer erweitert werden. Erfasst werden sollen nun auch der Geburtsort, weitere Staatsangehörigkeiten, die Ausweisnummer sowie die Steueridentifikationsnummer. Auch die Beschreibung der Eigentums- und Kontrollstruktur soll beim Transparenzregister hinterlegt werden. Insgesamt wird durch die Harmonisierung der Vorschriften das Ziel angestrebt, die Angemessenheit, Genauigkeit und Aktualität der in den Registern enthaltenen Daten über die wirtschaftlichen Eigentümer zu verbessern. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde in Deutschland bereits durch das Inkrafttreten des Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetzes („TraFinG“) am 1. August 2021 gemacht. Im Zuge dessen wird das Transparenzregister durch Wegfall der Mitteilungsfiktion (§ 20 Abs. 2 GWG) zu einem Vollregister transformiert, wodurch alle Verpflichteten künftig die Informationen zu ihren wirtschaftlich Berechtigten an das Register melden müssen. Weitere Anpassungen ergeben sich hinsichtlich
- der Kontrolle in mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen bereits ab mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile oder Stimmrechte auf jeder Beteiligungsebene und
- der erheblichen Erweiterung der Katalogfälle für die „Kontrolle auf sonstige Weise“.
Nicht zuletzt wird für Bargeldtransaktionen eine Grenze von 10.000 EUR festgesetzt, wobei auf nationaler Ebene auch niedrigere Obergrenzen festgelegt werden können. Bei Überschreitung der Grenze sind die entsprechenden Geldwäschevorschriften anzuwenden. Dies gilt im Übrigen nicht für Transaktionen unter privaten Personen. Einzahlungen ab 10.000 EUR bei einem Kreditinstitut sollen der FIU wiederum gemeldet werden.
Rückverfolgung von Krypto-Transfers
Durch eine überarbeitete Geldtransferverordnung (2015/847) soll dem Missbrauch, Krypto-Werte für Geldwäsche und andere kriminelle Zwecke zu nutzen, ein Riegel vorgeschoben werden. Damit sollen Anbieter von Krypto-Dienstleistungen dazu verpflichtet werden, bei jedem Transfer virtueller Vermögenswerte die vollständigen Informationen über Absender und Empfänger eines Transfers aufzunehmen.
Ziel dieser Änderung ist, die Identitäten der jeweils Beteiligten festzustellen, damit verdächtige Transaktionen leichter nachverfolgt und blockiert werden können.
Die 6. EU-Geldwäscherichtlinie
Die 6. Geldwäscherichtlinie soll ergänzend die Befugnisse und Aufgaben der Aufsichtsbehörden bzw. zentralen Meldestellen regeln und harmonisieren. Dabei soll die konkrete Ausgestaltung der Transparenzregister, der nationalen Risikoanalyse oder der Struktur der FIUs weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen werden. Außerdem sollen die nationalen Bankkontenregister der Mitgliedstaaten miteinander verknüpft werden, damit die zentralen Meldestellen auch Informationen aus anderen Mitgliedstaaten abrufen können. Die Zusammenführung von Informationen kann vor allem den Strafverfolgungsbehörden helfen, schnell festzustellen, ob ein Verdächtiger Bankkonten in anderen Mitgliedstaaten unterhält. Dadurch werden Finanzermittlungen und die Einziehung von Vermögenswerten in grenzüberschreitenden Fällen erleichtert.
Neu ist auch, dass sich die nationalen Aufsichtsbehörden zu sogenannten „supervisory colleges“ zusammenschließen sollen, falls ein Institut in mindestens drei Mitgliedstaaten oder ein Institut aus einem Drittstaat in mindestens drei Mitgliedstaaten vertreten ist. Damit soll der grenzüberschreitende Informationsaustausch gefördert werden – einschließlich der Ergreifung geeigneter Maßnahmen bei schwerwiegenden Geldwäscheverstößen.
Nicht zuletzt sieht die Richtlinie geeignete Sanktionen für den Verstoß gegen die jeweiligen Vorschriften vor.
Ausblick
Die genannten Gesetzgebungsvorschläge werden nun im Europäischen Parlament und im Rat erörtert. Sowohl das Inkrafttreten der EU-Geldwäscheverordnung als auch der Ablauf der Umsetzungsfrist der 6. EU-Geldwäscherichtlinie sind nach jetzigem Kenntnisstand für den 1. Januar 2025 geplant.
Handlungsbedarf
- Den Verpflichteten wird empfohlen, die Entwicklungen der Gesetzgebungsvorschläge weiter aufmerksam zu verfolgen, um Anpassungsprozesse frühzeitig in die Wege leiten zu können.