Hintergrund:
Am 15. Juli 2019 veröffentlichte die ESMA ihre Konsultation zu bestimmten Aspekten der MiFID-II-Anforderungen an die Compliance-Funktion.
Mit ihrem am 5. Juni 2020 erschienenen finalen Bericht stellt die ESMA den aktuellen Entwurf der Leitlinien vor, beantwortet Fragen, die im Zusammenhang mit der Konsultation entstanden sind und informiert u. a. über die Meinung der Interessenvertreter-Gruppe (Securities and Markets Stakeholder Group: SMSG) zur Konsultation.
Die neuen Leitlinien sollen die aktuell bestehenden, noch auf MiFID I fußenden Leitlinien 2012/388 zu einigen Aspekten der MiFID-Anforderungen an die Compliance-Funktion ablösen. Durch die MiFID II sind bestehende Anforderungen in Bezug auf die Compliance-Funktion verstärkt worden, anstatt dass gänzlich neue Regelungen eingeführt wurden. Aus diesem Grund bauen die neuen Leitlinien auf den Leitlinien 2012/388 auf und präzisieren oder ergänzen, wo es die ESMA für erforderlich hält. Bei dem Bericht vom 5. Juni 2020 handelt es sich demnach um zwölf Leitlinien, die Bezug auf die Anforderungen an die Compliance-Funktion gemäß MiFID-II-Regulation nehmen.
Die wesentlichen Anpassungen:
Ziel der Leitlinien ist es, die Compliance-Funktion zu stärken und damit Compliance-Risiken und deren Folgen beim Risikoeintritt zu reduzieren. Hierbei hat die ESMA die Ergebnisse der nationalen Behörden in die Erstellung der Leitlinien einfließen lassen, sodass sie davon ausgeht, dass mit Veröffentlichung eine Harmonisierung und Standardisierung auf EU-Ebene erzielt wird.
Wesentliche Anpassungen und Konkretisierungen aus den zwölf Leitlinien des ESMA-Berichts betreffen insbesondere:
- Ausgestaltung der Risikobewertung (Risk Assessment der Compliance-Funktion)
- Kontrollaufgaben der Compliance-Funktion bei Auslagerungen
- Aussagen zur Compliance-Berichterstattung
Weiterhin wurde die bereits bekannte Beratungspflicht der Compliance-Funktion um eine Unterstützungspflicht ergänzt und die an Compliance-Officer zu stellenden Erwartungen in Bezug auf Fähigkeiten, (Fach-)Kenntnisse und Expertise sowie Unabhängigkeit wurden konkretisiert. Die ESMA versäumt in ihrem Bericht nicht, im MiFID-II-Kontext auch auf Proportionalitätsaspekte und mögliche Erleichterungen bei kleineren Marktteilnehmern einzugehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung der Leitlinien – einschließlich der ebenfalls noch ausstehenden Übersetzungen in die Amtssprachen der EU – einen Zeitraum von zwei Monaten in Anspruch nehmen wird, in dem die nationalen Behörden der ESMA mitteilen müssen, ob sie die Richtlinien bereits einhalten oder beabsichtigen diese einzuhalten.
Handlungsbedarf:
- Überprüfung und Anpassung interner Arbeitsanweisungen
- Konsequente Umsetzung und ggf. GAP-Analyse der geänderten und angepassten Anforderungen aus der ESMA-Leitlinie