Zinsanpassungsklauseln: Urteil erwartet


Hintergrund:

Seit 2004 urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach über variable Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen von Banken und Sparkassen aus den 1990er bis 2000er Jahren. Bei dieser Sparform zahlten die Institute bei gleichbleibenden Sparraten und variabler Verzinsung nach der Sparvertragslaufzeit zusätzlich zum Zins eine Prämie an die Kunden.

Die sehr weit gefassten Zinsanpassungsklauseln eröffneten den Instituten regelmäßig einen einseitigen, unbegrenzten Ermessensspielraum, den Zins (z. B. durch Aushang) anzupassen, und wurden regelmäßig für unwirksam erklärt (zuletzt: BGH-Urteil, IX ZR 508/15 vom 14. März 2017). Diesen Urteilen lag zugrunde, dass die Prämiensparverträge keine Regelungen zum anwendbaren Referenzzins enthielten.


Die Bedeutung der Verfahren OLG Dresden 5 MK 1/19 und 5 MK 2/19:

Bisher stellte der BGH „nur“ allgemeine Anforderungen an die Zinsanpassungsklauseln in den AGB der Institute auf:

  • Schließung der vertraglichen Lücke unter Abwägung der beidseitigen Interessen von Kunde und Institut durch ergänzende Vertragsauslegung des Gerichts
  • Beachtung des Äquivalenzprinzips in Bezug auf Senkungen und Erhöhungen des Zinssatzes
  • Rückwirkende Berücksichtigung der Zinsänderungen ab Sparvertragsbeginn

Von den Musterfeststellungsklagen, die seit dem 1. November 2018 möglich sind, erhofft man sich nun Entscheidungen darüber, welcher Referenzzinssatz (Libor, Euribor oder andere Zinssätze) bzw. welche Kriterien für einen anzuwendenden Zinssatz geltend sind. Eine Entscheidung bedeutet aber nicht automatisch die Notwendigkeit einer Anpassung bei jedem einzelnen (Alt-)Kunden.

Eine solche Entscheidung hätte für künftige Verfahren den Vorteil der erhöhten Sicherheit bezüglich der einzuklagenden, rückständigen Zinsen, was sowohl für Banken als auch für Kunden günstig wäre. So wurde zum Beispiel im Fall des BGH-Urteils XI ZR 508/15 vom 14. März 2017 der vom Kunden beanspruchte Zins in Höhe von 2.051,05 EUR durch ein gerichtliches Gutachten auf einen Zinsbetrag von 597,44 EUR reduziert. Zu beachten ist zudem, dass die Höhe der Streitwerte (hier: Zinsen) auch grundsätzlich Auswirkungen auf die einklagbaren außergerichtlichen Anwaltskosten und die Rechtshängigkeitszinsen hat.

Von Bedeutung ist die Angelegenheit auch deshalb, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in ihrem Journal (Februar 2020) Institute und Kunden darauf aufmerksam macht, dass die alten weiten Zinsanpassungsklauseln unwirksam sind und die Institute selbständig auf ihre Kunden zugehen sollten, um eine Einigung über nachzuzahlende Zinsen zu erreichen, falls noch nicht geschehen.

Andernfalls fordert die BaFin die Kunden auf, mithilfe von Verbraucherschutzorganisationen oder Anwälten ihr Recht durchzusetzen – oder aber eine Beschwerde bei der BaFin einzureichen. Dann würde die BaFin die Umstände prüfen und einen Missstand i. S. d. § 4 Abs. 1a Satz 3 FinDAG feststellen, den das Institut abzustellen hätte.


Handlungsbedarf:

  • Abwarten der Rechtsprechung des OLG Dresden
  • Überprüfung, ob noch alte und weite Zinsanpassungsklauseln bei (Prämien-)Sparverträgen verwendet werden
  • Ggf. Kontaktieren der Kunden mit alten Verträgen zwecks Erreichens einer Einigung
  • Ggf. Anpassung der AGB auch neuerer Sparverträge an die OLG-Rechtsprechung
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