IDW veröffentlicht Fragen und Antworten zur Fortführungsprognose und drohenden Insolvenz

Angesichts gestiegener Unternehmensinsolvenzen hat das IDW ein neues Fachpapier zu Going Concern und Insolvenzrisiken publiziert. Es richtet sich an Ersteller und Prüfer von Jahresabschlüssen und geht auf wichtige Fragen rund um die handelsrechtliche Fortführungsannahme sowie insolvenzrechtliche Auswirkungen ein.

Inhaltliche Schwerpunkte des IDW-Papiers

Das Papier enthält fachliche Klarstellungen zu häufigen Fragen rund um die Fortführungsprognose, die Berichterstattungspflichten und das Spannungsfeld zur Insolvenzreife. Im Folgenden werden sechs praxisrelevante Themenkomplexe aus dem Papier konkretisiert:

1. Anforderungen an die Fortführungsprognose und deren zeitlicher Horizont

Die Fortführungsprognose ist auf mindestens 12 Monate ab Abschlussstichtag zu erstrecken. Wenn Ereignisse auftreten, die Zweifel an der Fortführung aufwerfen können, beginnt der Prognosezeitraum erst mit Beendigung der Abschlussaufstellung. Eine Unternehmensplanung ist regelmäßig erforderlich – insbesondere bei Vorliegen wirtschaftlicher Unsicherheiten (§ 1 StaRUG). Nur bei Erfüllung sog. „Schönwetterkriterien“ kann auf eine detaillierte Prognose verzichtet werden.

2. Abgrenzung zwischen Bestandsgefährdung und unzulässiger Fortführungsannahme

Bestehen lediglich bedeutsame Zweifel, ist grundsätzlich weiter zu Fortführungswerten zu bilanzieren – mit Hinweis auf eine wesentliche Unsicherheit. Erst wenn die gesetzlichen Vertreter keine realistische Alternative zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit haben oder diese bereits beschlossen wurde, ist von der Fortführungsannahme abzurücken. Eine glaubhafte Sanierung unter Insolvenzschutz kann jedoch die Fortführungsannahme rechtfertigen.

3. Auswirkungen kurzfristiger Finanzierungen und Covenant-Verletzungen

Kurzfristige Finanzierungen ohne feste Laufzeit (z. B. Dispositionskredite) oder solche, die innerhalb des Prognosezeitraums auslaufen, müssen realistisch refinanzierbar sein. Dies gilt auch für Finanzierungen mit Covenant-Verletzungen. Entscheidend ist, ob Waiver vorliegen oder realistische Aussichten bestehen, dass Banken trotz Covenant-Bruch nicht kündigen. Eine Gesamtschau der wirtschaftlichen Situation und Bankgespräche ist erforderlich.

4. Berichtspflichten bei wesentlichen Unsicherheiten

Sind bestandsgefährdende Risiken vorhanden, sind sie im Anhang und Lagebericht zu erläutern. Dabei sind auch die Pläne der gesetzlichen Vertreter zur Bewältigung der Risiken offenzulegen (§ 289 HGB, IDW PS 270 n.F.). Es ist klarzustellen, dass das Unternehmen ggf. nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten im normalen Geschäftsbetrieb zu begleichen.

5. Insolvenzantragspflichten und deren Bedeutung für den Abschluss

Eine Insolvenzantragspflicht besteht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§§ 17–19 InsO). Die gesetzlichen Vertreter müssen fortlaufend die wirtschaftliche Lage beobachten. Liegen Anzeichen für Insolvenzreife vor, dürfen Fortführungswerte nur dann angesetzt werden, wenn eine Fortführung innerhalb des Prognosezeitraums realistisch ist – z. B. durch einen Insolvenzplan oder eine übertragende Sanierung.

6. Berücksichtigung des Insolvenzrechts und des StaRUG bei der Fortführungsprognose

Die Fortführungsvermutung des HGB entfällt dann, wenn rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten dagegensprechen – etwa ein eingeleitetes Insolvenzverfahren ohne Aussicht auf Fortführung. Die Wechselwirkungen zwischen handelsrechtlicher Prognose und insolvenzrechtlichen Beurteilungen (§§ 18, 19 InsO) sowie die Pflichten nach dem StaRUG werden ausdrücklich berücksichtigt.

Verfügbarkeit

Die IDW-Arbeitshilfe wurde am 14.05.2025 veröffentlicht und steht im Mitgliederbereich der IDW-Website sowie als Print-on-Demand im IDW Verlagsshop bereit.

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