Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 (Az. III C 2 – S 7306/19/10003 :004) neue Vorgaben zur Vorsteueraufteilung bei Kreditinstituten veröffentlicht. Dieses ersetzt das frühere Schreiben vom 12. April 2005 („Neuer Bankenschlüssel“) und greift die bisherigen Grundsätze erneut auf – unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung von EuGH und BFH sowie mit neuen Anforderungen an Dokumentation und Segmentierung. Die Neuregelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Eine Nichtbeanstandungsregelung gilt bis zum 31. Dezember 2025.
1. Grundlagen des Vorsteuerabzugs
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist die wirtschaftliche Zuordnung der Eingangsleistungen zu steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen. Maßgeblich ist die beabsichtigte erstmalige Verwendung der Eingangsleistung.
Zunächst ist eine direkte Zuordnung vorzunehmen. Die Vorsteuerbeträge sind in folgende Gruppen zu unterteilen:
- Gruppe 1: Eingangsleistungen, die ausschließlich steuerpflichtigen Umsätzen zugeordnet werden können.
- Gruppe 2: Eingangsleistungen, die ausschließlich steuerfreien Umsätzen zugeordnet werden können.
- Gruppe 3: Eingangsleistungen, die gemischt verwendet werden (sowohl für steuerpflichtige als auch steuerfreie Umsätze).
Für Gruppe 3 ist eine sachgerechte Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG erforderlich. Die gewählte Methode muss wirtschaftlich sinnvoll, objektiv nachvollziehbar und durchgängig angewendet werden. Die Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel ist nur zulässig, wenn keine vorrangige wirtschaftliche Zuordnung möglich ist.
2. Segmentierung als Aufteilungsmethode
Ein wichtiges Element der neuen Verwaltungsauffassung ist die Segmentierung. Dabei wird das Unternehmen in getrennte Tätigkeitsbereiche (z. B. Geschäftsbereiche oder Produktgruppen) gegliedert. Innerhalb dieser Segmente erfolgt die Vorsteueraufteilung auf Basis der jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Segmentierung soll die sachgerechte Aufteilung erleichtern und ist nachvollziehbar zu dokumentieren.
3. Dokumentationsanforderungen
Das BMF-Schreiben betont ausdrücklich die Anforderungen an die Dokumentation:
- Die gewählte Aufteilungsmethode und Segmentierung sind zu begründen.
- Es ist darzulegen, wie die wirtschaftliche Zuordnung erfolgt.
- Die Dokumentation muss den Anforderungen aus § 22 Abs. 3 UStG und § 63 UStDV genügen: Die Prüfung der Zuordnung und Aufteilung muss leicht und eindeutig möglich sein.
- Wird die Dokumentationspflicht verletzt, kann die Finanzverwaltung die Vorsteueranteile gemäß § 162 AO schätzen.
4. Grenzüberschreitende Unternehmensstrukturen
Auch grenzüberschreitende Strukturen, z. B. Betriebsstätten im Ausland, sind vom Schreiben erfasst. Die Zuordnung und Aufteilung der Vorsteuer muss auch hier wirtschaftlich und dokumentiert erfolgen. Einheitliche europäische Regelungen bestehen nicht, daher gelten weiterhin nationale Anforderungen.
5. Übergangsregelung und Handlungsbedarf
Die im Schreiben dargelegten Grundsätze sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Bis zum 31. Dezember 2025 wird es jedoch nicht beanstandet, wenn Kreditinstitute weiterhin die Grundsätze des früheren BMF-Schreibens vom 12.04.2005 anwenden, sofern diese sachgerecht umgesetzt wurden.
Handlungsempfehlung:
Kreditinstitute sollten ihre bestehenden Prozesse zur Vorsteueraufteilung auf Übereinstimmung mit den neuen Vorgaben überprüfen. Insbesondere sind folgende Maßnahmen zu prüfen:
- Anpassung oder Einführung einer sachgerechten Segmentierung,
- Überarbeitung der Verfahrensdokumentation,
- Schulung der steuerlich verantwortlichen Mitarbeitenden,
- Abstimmung mit dem Steuerberater oder der Wirtschaftsprüfung.
Für weitere Informationen und individuelle Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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