Bisherige Entwicklung
Mit der Änderung des AEAO zu § 153 AO im Jahr 2016 hat die Finanzverwaltung die Relevanz eines Internen Kontrollsystems für Steuern in das Bewusstsein vieler Unternehmen gerückt, die in der Folge ein Tax-Compliance-Management-System (Tax-CMS) implementiert haben. Die Motivation zur Einrichtung eines Tax-CMS lag dabei insbesondere in der Möglichkeit, unter bestimmten Umständen fehlerhafte Steuererklärungen später sanktionsfrei berichtigen zu können (§ 153 AO) und Sanktionen nach §§ 30, 130 OWiG oder eine Haftung wegen Organisationsmängeln zu verhindern (Exkulpation des Managements oder leitender Angestellter). Weitere Vergünstigungen oder Erleichterungen, bspw. im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen, gewährte die Finanzverwaltung den Steuerpflichtigen durch die Implementierung eines Tax-CMS bis zum 31. Dezember 2022 nicht.
Änderungen ab 1. Januar 2023
In § 38 EGAO (Einführungsgesetz zur Abgabenordnung) wurde eine ab dem 1. Januar 2023 geltende neue gesetzliche Regelung zum Tax-CMS aufgenommen. Gemäß der Neuregelung können steuerpflichtige Anträge auf Prüfungserleichterungen bei dem zuständigen Finanzamt gestellt werden. Die Erleichterungen können erstmalig angewendet werden, nachdem das Finanzamt das implementierte Steuerkontrollsystem geprüft und für die individuelle Steuersituation des betreffenden Unternehmens für wirksam erklärt hat. Sämtlichen auftretenden steuerlichen Sachverhalten muss im Unternehmen organisatorisch derart begegnet werden, dass das Fehlerrisiko in der Bearbeitung auf ein Minimum reduziert wird. Hier wird erneut deutlich, dass es sich bei der Einrichtung eines Tax-CMS um eine höchst individuelle Aufgabe handelt. Unternehmen, die bspw. keine steuerlichen Berührungspunkte mit dem Ausland haben, müssen diesbezüglich auch keine organisatorischen Vorkehrungen treffen.
Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich, dass es sich bei der notwendigen Prüfung durch die Finanzämter um eine Systemprüfung handelt. Dies entspricht den praxisbewährten Prüfungsansätzen in IDW PS 980 und in IDW-Praxishinweis 1/2016, die wir seitens der CASIS Unternehmensgruppe bei der Prüfung von steuerlichen Internen Kontrollsystemen anwenden.
Begriff „Steuerkontrollsystem“
In § 38 EGAO wird explizit von einem „Steuerkontrollsystem“ gesprochen. Das Gesetz definiert den Begriff als alle innerbetrieblichen Maßnahmen, die gewährleisten, dass Besteuerungsgrundlagen zutreffend aufgezeichnet und berücksichtigt sowie die hierauf entfallenden Steuern fristgerecht und vollständig abgeführt werden. Steuerliche Risiken müssen zudem laufend abgebildet werden. Diese Inhalte sind deckungsgleich mit einem Tax-CMS gemäß IDW PS 980.
Für Unternehmen, die an den Prüfungserleichterungen interessiert sind, ist ein derart eingerichtetes Steuerkontrollsystem obligatorisch. Die Planung eines zeitnahen Tax-CMS-Projekts zum Neuaufbau dieses Kontrollumfelds oder zur Erweiterung bestehender Regelungen kann aufgrund der Neuregelung ab 2023 wirtschaftlich lohnend sein.
Prüfungserleichterungen
Sofern die Wirksamkeit des implementierten Tax-CMS vom Finanzamt geprüft und bestätigt wurde, kann das Finanzamt dem Unternehmen auf Antrag für Folgeprüfungen Erleichterungen verbindlich zusagen. Das Gesetz spricht hierbei lediglich von „Beschränkungen von Art und Umfang der Ermittlungen“ ohne Details zu nennen. Dieser Wortlaut ist dahingehend zu interpretieren, dass bspw. ein genauer Prüfungsplan für eine anstehende Betriebsprüfung festgelegt wird oder bestimmte Prüfungsfelder ausgespart werden. Dies würde für die zu prüfenden Unternehmen eine bessere Planbarkeit und eine schnellere Durchführung der steuerlichen Außenprüfungen zur Folge haben. Der Ressourceneinsatz im Unternehmen könnte somit signifikant gesenkt werden und Kosteneinsparungen wären die Folge. Durch eine beschleunigte Betriebsprüfung erlangen Unternehmen auch schneller Rechtssicherheit hinsichtlich vergangener Jahre und die Erstellung aktueller Steuererklärungen würde nicht unnötig verzögert werden, weil seitens des Rechnungswesens u. U. noch auf den finalen Betriebsprüfungsbericht gewartet werden muss. Prüfungserleichterungen sind somit nicht nur für die zu prüfenden Jahre, sondern auch für die Folgejahre von unschätzbarem Wert.
Fazit
Mit der Neuregelung in § 38 EGAO geht der Gesetzgeber einen wichtigen Schritt in Richtung einer beschleunigten und modernen steuerlichen Außenprüfung und honoriert dabei einen hohen Compliance-Grad im Unternehmen. Insbesondere für anschlussgeprüfte Unternehmen lassen sich die Vorteile aus Prüfungserleichterungen monetär quantifizieren und somit die individuelle Sinn- und Vorteilhaftigkeit eines internen Steuerkontrollsystems neu abwägen. Anschlussgeprüfte Unternehmen sollten versuchen, die gesetzlichen Voraussetzungen möglichst zeitnah zu erfüllen, um die Prüfungserleichterungen bei ihren zuständigen Finanzämtern zu beantragen.
Unser Angebot
Die CASIS Unternehmensgruppe bietet Ihnen hinsichtlich der Wirksamkeit Ihres Tax-CMS ein umfangreiches Beratungsangebot, das auf die individuellen Gegebenheiten Ihres Unternehmens zugeschnitten wird. Wir unterstützen Sie gerne bei der Implementierung eines Tax-CMS, beurteilen den Reifegrad eines bereits bestehenden Steuerkontrollsystems oder nehmen eine vollständige Angemessenheits- und Wirksamkeitsprüfung nach IDW PS 980 vor. Bei einer externen Zertifizierung eines bestehenden Tax-CMS nach IDW PS 980 kann davon ausgegangen werden, dass auch sämtliche Anforderungen der deutschen Finanzverwaltung an ein Steuerkontrollsystem erfüllt sind. Das nachfolgende Schaubild zeigt die sieben Grundelemente eines Tax-CMS, die nach Inhalt und Umfang unternehmensindividuell auszugestalten sind.